Offener Brief an Heimstaden

English version see below

Wir Akelius-Mieter*innen antworten auf den Offenen Brief von Heimstaden an uns.

Sehr geehrte Frau Oelmann!

Sehr geehrte Heimstaden-Angestellte!

Wir nehmen Bezug auf folgende Passage in ihrem Offenen Brief an uns: „Da wir immer danach streben, besser zu werden, teilen Sie uns auch gerne Ihre Wünsche mit und schreiben Sie uns, was Sie von Heimstaden als zukünftigen Vermieter erwarten. Ein offener Dialog ist uns wichtig, langfristige und gute Beziehungen sind unser Ziel!“

In der Tat haben wir sehr klare Vorstellungen und Wünsche und teilen diese Ihnen hiermit mit:

1. Wir möchten Heimstaden NICHT als Vermieter haben. Bitte überlassen sie unsere Häuser den Bezirken, damit unserer Wohnungen in den nicht-profitorientieren kommunalen Wohnungsbestand integrieret werden können.

2. Bis zur (Re-)Kommunalisierung unserer Wohnungen erwarten wir Ihre Zustimmung zur Verankerung unserer Forderungen in den sozialen Vereinbarungen zwischen den Senaten/Bezirken von Berlin und Hamburg mit Heimstaden:

A) Mietrechtliche Forderungen – Wohnen

  • Unverzügliche Entfristung aller befristeten Verträge
  • Unverzügliche Umwandlung aller Staffel- und Index-Mietverträge in reguläre unbefristete Mietverträge
  • Sofortiger Stopp laufender Umwandlungsprozesse in Eigentumswohnungen
  • Kein Verkauf von Eigentumswohnungen
  • Rückumwandlung bereits aufgeteilter Häuser in Mietshäuser
  • Ausnahmslose Einhaltung der Mietbegrenzung nach Mietspiegel sowohl bei den Bestandsmietverträgen als auch bei zukünftigen Neuvermietungen
  • Erlassen aller Mietschulden, die aus dem gekippten Mietendeckel oder wegen der Corona-Maßnahmen entstanden sind
  • Ausnahmslose Bewilligung von Untervermietung, Mieter*innenwechsel in bestehenden Verträgen oder Wohnungstausch unter Beibehaltung der bestehenden Vertragskonditionen
  • Bei freiwerdenden Wohnungen haben Umzüge im Haus Vorrang um zu gewährleisten, dass Mieter*innen, deren Wohnbedürfnisse sich aufgrund von Alter, familiärer Situation oder Krankheit verändern, im Haus wohnen bleiben können und ihr soziales Umfeld nicht verlieren.
  • Keine weiteren Kündigungen oder gar Zwangsräumungen sowie sofortige Rücknahme von laufenden Kündigungen von Seiten Heimstadens
  • Angebote für Mieter*innen, die von Akelius bereits aus ihren Wohnungen vertrieben wurden, in freistehende oder freiwerdende Wohnungen ihrer ehemaligen Häuser zurückziehen zu können

B) Mietrechtliche Forderungen – Gewerbe

  • Heimstaden verpflichtet sich zur Festlegung und Einhaltung einer Tarifmiete für Gewerbe, die in Abstimmung mit dem Mieter*innen-Beirat (siehe unten) festgelegt wird.
  • Die gewerbliche Mindestvertragslaufzeit beträgt 5 Jahre und beinhaltet die Option zur unbefristeten Verlängerung. Kündigungen von Seiten der Gewerbemieter*innen sind mit Vierteljahres-Frist jederzeit möglich. Ziel muss sein langfristige Verträge mit weitreichendem Kündigungsschutz anzubieten.
  • Vermietungen an Kleingewerbe mit Nahversorgung, sozialer und kultureller Nutzung, quartiersbezogene Gewerbe sowie insgesamt langfristige Vermietungen werden priorisiert.
  • Insbesondere an versorgendes Kleingewerbe, sowie soziales gemeinnütziges Gewerbe (Kitas, Vereine u.a.) wird zu mind. 1/3 günstigeren Konditionen vermietet.

C) Bauliche Forderungen

  • Es werden keine weiteren Luxusmodernisierungen durchgeführt.
  • Modernisierungskosten werden prinzipiell nicht auf uns Mieter*innen umgelegt.
  • MyWarm-Installierungen werden abgebrochen und rückgebaut.
  • Alle gemeldeten Mängel und Schäden werden sofort repariert.
  • Ausbauvorhaben in Keller- und Dachgeschossen sowie in einzelnen Wohnungen und große Bauvorhaben innerhalb der Häuser und Grundstücke sind nur unter Beteiligung und der Zustimmung des Mieter*innen-Beirats (siehe unten) zu planen und weiterführende Schritte wie beispielsweise die Bereitstellung von Ersatzwohnungen abzustimmen.
  • Fassadendämmung und Austausch von Fenstern werden nur aufgrund von ökologisch gerechtfertigten Gründen durchgeführt und unter Berücksichtigung der grauen Energie. Grundlage der Beurteilung sind Gutachten neutraler Sachverständiger, bei deren Auswahl die Mieter*innen ein Mitspracherecht haben.
  • Dachgeschossausbau wird nur unter der Berücksichtigung folgender sozialer und ökologischer Aspekte durchgeführt:
    • Bereitstellung von Ersatzwohnungen für die Mieter*innen der angrenzenden Wohnungen für die Zeit des Ausbaus oder mietfreies Wohnen für die Zeit, falls Mieter*innen in ihrer Wohnung wohnen bleiben wollen. Bei Bedarf wird das Angebot ausgeweitet auf alle Wohnungen des Hauses, die vom Lärm und Dreck der Baustelle betroffen sind.
    • Der Ausbau wird nur mit ökologischen und nachhaltigen Materialien durchgeführt.
    • Fassaden- und Dachbegrünung wird mitgeplant und realisiert.
    • Zur Erzeugung von Mieter*innen-Strom werden Solarpanels und Blockheizkraftwerke installiert.
  • Es findet keine Versiegelung der Höfe statt.
  • Gemeinschaftsräume, die bisher kostenlos genutzt wurden, sollen weiterhin kostenlos für die Mieter*innen zur Verfügung stehen. Bisher ungenutzte Flächen sollen auf Wunsch der Haus-Gemeinschaften zu Gemeinschaftsräumen ausgebaut und diesen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

D) Sicherstellung unserer Mieter*innen-Interessen

  • Hausgemeinschaften wird ermöglicht ihr Haus über Genossenschaften oder das Mietshäusersyndikat zu kaufen.
  • Das Akelius-Personal wird nicht von Heimstaden übernommen, da das Vertrauen von uns Mieter*innen in das Akelius-Personal nachhaltig beschädigt ist.
  • Heimstaden beendet sofort die von Akelius übernommene Zusammenarbeit mit den Akelius-Anwälten Brunner & Co.
  • Die Zusammenarbeit mit den von Akelius beauftragten Hausmeisterfirmen wird unverzüglich beendet, da auch hier das Vertrauen nachhaltig zerstört ist.
  • Von Akelius entlassene hausinterne Hausmeister*innen werden wieder eingestellt bzw. Heimstaden garantiert den Mieter*innen der jeweiligen Häuser ein Vorschlags- bzw. Mitbestimmungsrecht über die Auswahl der Hausmeister*innen.
  • Heimstaden erkennt einen unabhängigen Mieter*innen-Beirat an, der Mitspracherecht bei allen Entscheidungen hat, die Auswirkungen auf die Miete, Bauvorhaben, Vertragsänderungen und weiterführende grundlegende Pläne (z.B. Verkauf, Kauf etc.) haben.
  • Der Beirat muss bei drohenden Kündigungen einbezogen werden und erhält ein Widerspruchsrecht.
  • Der Beirat muss bei geplanten Baumaßnahmen einbezogen werden. Die Projekte können nur bei Zustimmung des Beitrags realisiert werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Vernetzung der Akelius-Mieter*innen


English version

Open Letter to Heimstaden

Our (Akelius tenants) answer to Heimstaden’s Open Letter on us.

Dear Ms. Oelmann!

Dear Heimstaden employees!

We refer to the following passage in their Open Letter on us: “Since we are always striving to become better, please also feel free to share with us your wishes and write us what you expect from Heimstaden as your future landlord. An open dialogue is important to us, long-term and good relationships are our goals!”

In fact, we do have very clear ideas and wishes, and so we will share them with you:

1. We DO NOT want to have Heimstaden as our landlord. Please relinquish our houses to the districts so that our apartments can be integrated into the non-profit municipal housing stock.

2. Until our apartments are (re-)communalized, we expect you to agree to incorporate our demands into the social agreements between Heimstaden and the Senate/districts in Berlin and Hamburg:

A) Tenancy Law Demands – Housing

  • The immediate conversion of all fixed-term contracts into permanent contracts.
  • The immediate conversion of all graduated and index contracts into regular permanent contracts.
  • The immediate stop to any current procedures to convert rental apartments into condominiums.
  • No more condominium sales.
  • The re-conversion of already subdivided houses back into rental apartments.
  • Adherence without exception to rent limits in accordance with the rent index (Mietspiegel), both for existing contracts and for all future contracts.
  • Forgiveness of all rental debts arising from the overturning of the rent freeze (Mietendeckel) or because of Corona measures.
  • Grant tenants the right, without exception, to sublet and to switch tenants within existing contracts or when changing apartments without changing current contractual conditions.
  • When apartments become vacant, give priority to those already in the building in order to ensure that tenants whose housing needs change on account of age, family situation, or illness can remain in the building and do not lose their social environment.
  • No further rental terminations or evictions and Heimstaden must immediately revoke any current terminations.
  • Offers to tenants who have recently been evicted from their apartments by Akelius to be able to move back into vacant apartments in their former homes.

B) Tenancy Law Demands – Commercial

  • Heimstaden is committed to setting and adhering to a commercial tariff rent that has been set in consultation with the Tenant Advisory Board (see below).
  • The minimum term of the commercial contract is 5 years and includes the option for an indefinite extension. Commercial tenants can terminate the contract at any time with a quarter of a year’s notice. The goal must be to offer long-term contracts with far-reaching protection against termination.
  • Priority is given to contracts with small businesses that are locally supplied, social and cultural, neighborhood oriented, and long-term contracts in general.
  • In particular, small businesses providing local services and social non-profit businesses (daycare centers, associations, etc.) receive conditions at least 1/3 more favorable.

C) Construction Demands

  • No further luxury modernizations will be carried out.
  • As a matter of principle, modernization costs are not passed on to tenants.
  • MyWarm installations will be cancelled and dismantled.
  • All reported defects and damages will be repaired immediately.
  • Development projects in basements and attics as well as in individual apartments and large construction projects within the houses and properties will only to be planned with the participation and approval of the Tenants‘ Advisory Council (see below) and further steps such as the provision of replacement apartments are to be coordinated.
  • Insulation of façade and replacement of windows will only be carried out on the basis of ecologically justifiable reasons and in consideration of gray energy. Assessments will be based on the opinions of neutral experts and tenants will have a say as in choosing those experts.
  • Construction of an attic apartment will only be carried out in consideration of the following social and ecological issues:
    • Provision of replacement apartments for the tenants in the adjacent apartments during the construction or rent-free housing during that time if tenants want to stay in their apartment. If necessary, the offer will be extended to all apartments in the building that are affected by the noise and dirt of the construction site.
    • The construction will be carried out only with ecological and sustainable materials.
    • Green facades and roofs will be planned and implemented.
    • Solar panels and CHP units will be installed to generate electricity for the tenants.
  • The courtyards will not be sealed off.
  • Common rooms, which have been used free of charge so far, will continue to be available to the tenants free of charge. Areas that so far remain unused are to be converted into common areas at the request of the building’s residents and made available to them free of charge.

D) Safeguarding Our Tenant’s Interests

  • House residents are given the opportunity to buy their houses through cooperatives or housing syndicates.
  • Heimstaden will not take on the Akelius staff, because tenants’ trust in the Akelius staff has been permanently damaged.
  • Heimstaden will immediately terminate cooperation with lawyers Brunner & Co. they have received from Akelius.
  • The cooperation with the janitor companies contracted by Akelius will be terminated immediately, as trust has also been permanently destroyed here.
  • In-house janitors dismissed by Akelius will be rehired or Heimstaden guarantees the tenants of each respective building the right to propose or participate in selecting the janitors.
  • Heimstaden recognizes an independent Tenants‘ Advisory Council, which has a say in all decisions that have an impact on the rent, construction projects, contract changes, and other basic plans (e.g., sale, purchase, etc.).
  • The advisory board must be involved in the event of impending terminations and is granted the right of appeal.
  • The advisory board must be involved in planned construction measures. Projects can only be realized if it is approved.

Sincerely yours,

The Network of Akelius Tenants

Missachtung der Menschenrechte durch Akelius stoppen – Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen

Akelius-Mieter*innenvernetzung in Hamburg und Berlin, 10. Dezember 2020, Internationaler Tag der Menschenrechte

Gemeinsame Stellungnahme zur Antwort der Bundesregierung auf das Schreiben der damaligen UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Wohnen, Leilani Farha, bezüglich der Missachtung der Menschenrechte durch Akelius.

Kontext und Vorgeschichte

Im April 2020 übermittelte die damalige UN-Sonderbeauftragte für das Recht auf angemessenes Wohnen, Leilani Farha, ein offizielles Schreiben an die Bundesrepublik Deutschland. In diesem Schreiben wies sie nach, dass das Geschäftsmodell von Akelius systematisch die Menschenrechte missachtet. Und nicht nur das Geschäftsmodell von Akelius, sondern ebenso aller großen Wohnungskonzerne, die mit dem gleichen Modell arbeiten, so zum Beispiel Blackstone oder Heimstaden. 

Dokumente

Farha verschickte insgesamt vier Schreiben: Eins an Akelius (die Antwort steht noch aus), und jeweils eins an die Regierungen von Großbritannien, Kanada und Deutschland. In ihrem Schreiben an Deutschland legt Farha die Problematik, für die stellvertretend Akelius steht, auf gut verständliche Weise offen. Das Geschäftsmodell von Akelius missachtet das Recht auf Wohnen und weitere Basisrechte, die in der Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verbindlich definiert sind. Akelius missachtet Menschenrechte, weil der Konzern mit seinem Geschäft nachweislich zur Gentrifizierung unserer Kieze beiträgt, durch teilweise rabiate Modernisierungen die Bewohnbarkeit der Mietwohnungen stark beeinträchtigt und Mieter*innen verdrängt – zum Beispiel durch Baulärm, Schutt und Staubbelastung, längere Abstellung von Wasser und Heizung usw. 
Rabiate Modernisierungen, heftige Mieterhöhungen, Kündigungen und Zwangsräumungen, und schließlich die systematische Verschiebung von bezahlbarem Wohnraum ins Hochpreissegment tragen maßgeblich zur Gentrifizierung bei. Menschen werden aus ihren Kiezen verdrängt, Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit steigen. Akelius ist dafür mitverantwortlich. Wir haben in einem internationalen Statement gemeinsam mit Akelius-Mieter*innen aus mehreren Städten unsere  Position gegenüber Akelius deutlich gemacht (zur Zeit nur archiviert verfügbar: https://web.archive.org/web/20201101111624/https://akelius-vernetzung.de/2020/06/29/internationale-gemeinsame-erklaerung-von-akelius-mieterinnen/
In ihrem Schreiben an die Bundesregierung bittet Leilani Farha um eine Auflistung, welche Maßnahmen die Bundesregierung ergriffen hat, um:1. das Recht auf Wohnen von uns Mieter*innen gegen das destruktive Geschäftsmodell und die destruktive Geschäftspraxis von Akelius zu schützen und durchzusetzen. 2. um die zunehmende Finanzialisierung des Wohnungsmarkts – vorangetrieben durch Konzerne wie Akelius – zu regulieren. 
Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen? Welche Maßnahmen sind geplant? Ist sich die Bundesregierung der Problematik einer zunehmenden Finanzialisierung des Wohnungsmarkts überhaupt bewusst? 

Antwort der Bundesregierung

Das Antwortschreiben der Bundesregierung ist auf den 6.10.2020 datiert. Es umfasst ohne Vorsatzblatt lediglich zwei Seiten. Aufgelistet sind darin nur allgemeine Punkte. Sie geht mit keinem Wort ein auf die Missachtung der Menschenrechte durch das Geschäftsmodell von Akelius, Blackstone, Heimstaden und Co. Die Finanzialisierung des Wohnungsmarkts mit ihren katastrophalen Folgen, für die Akelius steht, werden mit keinem Wort erwähnt.
Der größte Teil ist gefüllt mit einem Zitat aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§555d, Duldung von Modernisierungsmaßnahmen) sowie einer paragraphengenauen Beschreibung der Anpassung der Modernisierungsumlage (§559 BGB) durch das „Mietrechtsanpassungsgesetz“, das am 1.1.2019 in Kraft trat. Die Belege Farhas zu der menschenrechtswidrigen Geschäftspraxis von Akelius ignorierend, schließt dieser Teil mit dem Satz: „Der Bundesregierung wurden seitdem keine Fälle von missbräuchlicher Modernisierung von Wohngebäuden bekannt gemacht.“ (Original: „The Federal Government has not been made aware of any cases of the abusive modernisation of residential accomodation since then.“)
Zum Problem des akuten Mangels an bezahlbarem Wohnraum nennt die Bundesregierung in ihrer Antwort lediglich die Förderung von Neubau und Eigentumsbildung und stellt dabei den Wohngipfel 2018 als Riesenerfolg dar, obwohl sie zentrale Punkte des Gipfels noch gar nicht umgesetzt hat.

Problemfeld Verdrängung durch Modernisierungen

Das Geschäftsmodell von Akelius basiert auf zwei Arten der Modernisierung:1. Modernisierungen nach §555b-f BGB: Diese sind aus Sicht von uns Mieter*innen meist unnötig und nicht durch den Wunsch nach Verbesserung der Wohnverhältnisse motiviert, sondern durch den Wunsch nach Profitmaximierung.2. Luxusmodernisierungen, bei denen die Regelungen zur Begrenzung der Modernisierungsumlage gar nicht zur Anwendung kommen, da sie in entmieteten Wohnungen durchgeführt werden. Das bedeutet: Wenn ein*e Mieter*in aus einer bezahlbaren Wohnung auszieht, wird mit hohem Aufwand modernisiert. Aufgrund vorgeblich hoher Investitionen in die Modernisierung greift die Mietpreisbremse nicht. An die* nächste*n Mieter*in wird die Wohnung dann mit einem Aufschlag von 300-400 Prozent vermietet. Dadurch wird systematisch bezahlbarer Wohnraum ersatzlos ins Hochpreissegment verschoben. Akelius ist nicht das einzige Unternehmen, das so handelt. Nach ähnlichem Muster agieren auch andere globale Player wie Blackstone oder Heimstaden. Es geht also um ein systemisches Problem. Die Folgen: Zu hohe Mietkosten für uns Mieter*innen mit kleinen oder mittleren Einkommen, dadurch weniger soziale Teilhabe für breite Teile der Bevölkerung, Verdrängung, weil wir keine bezahlbare Wohnung mehr finden, schnell fortschreitende Gentrifizierung, mehr Wohnungslosigkeit, mehr Obdachlosigkeit. 

Problemfeld Finanzialisierung des Wohnungswesens

Wir bedauern die Weigerung der Bundesregierung, das im Schreiben der UN detailliert beschriebene Problem überhaupt als solches anzuerkennen. In der Antwort auf das Schreiben der UN rücken dadurch die Erhaltung von bezahlbarem Wohnraum und die Durchsetzung des Rechts Menschenrechts auf Wohnen als Ziele der Wohnungspolitik in den Hintergrund.  Mit der Finanzialisierung des Wohnungswesens ist eine Entwicklung des Wohnungsmarkts beschrieben, in der gesteigerte kreditfinanzierte Investitionen durch große, oft börsennotierte Wohnungsunternehmen mit einer radikalen Fokussierung auf Profitmaximierung gekoppelt ist. Wohnungen werden von diesen Unternehmen lediglich als Instrument zur Verwertung von Kapital betrachtet. Dieser Verwertungsdruck führt dazu, dass gesetzliche Regularien nicht mit Blick auf die Ziele des Gesetzgebers ausgelegt werden, sondern mit Blick auf die Profitmaximierung. 
Die Bundesregierung erkennt als Problem an, dass in den Jahren vor 2019 „der Umfang der Modernisierungsmaßnahmen in der Praxis stark zugenommen hatte“. Sie benennt nur nicht den Hauptgrund dafür: Dass große Unternehmen wie Akelius die Modernisierungsumlage systematisch nutzen, um allein renditeorientiert die Miete zu erhöhen. Die Modernisierungen, die Akelius durchführt, sind in keinster Weise nachhaltig, nicht ökologisch und schon gar nicht sozial. Sie verfehlen somit das gesetzlich festgelegte Nachhaltigkeitsziel.

Neubau als Lösung der Probleme?

Neubau ohne weitere Vorgaben bedeutet in Berlin derzeit überwiegend Neubau von Wohnungen mit hoher Miete und Eigentumswohnungen, die nur für einen geringen Teil der Bevölkerung überhaupt erschwinglich sind. Deshalb hilft auch das sogenannte „Baukindergeld“ nur einem speziellen Segment der Bevölkerung. Zusätzlich soll Bauland günstiger an private Investoren abgegeben werden. Das ist aber nicht hilfreich, sondern ein Fehler! Die Privatisierung von Grund und Boden heißt, dass der Staat alles aus der Hand gibt, anstatt die Entwicklung des Wohnungswesens nach sozialen und politischen Maßgaben nachhaltig zu gestalten.
Zur Lösung des eigentlichen Problems, dass viele Bestandsmieter*innen verdrängt werden, tragen die von der Bundesregierung genannten Maßnahmen nichts bei. Im Gegenteil: Wenn vorwiegend Eigentumswohnungen gebaut werden und parallel die Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen massiv zunimmt – wo bleiben dann wir Mieter*innen?

Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen

Das auf dem Wohngipfel 2018 vereinbarte Umwandlungsverbot hängt noch immer im Entwurf fest, obwohl es längst verabschiedet sein könnte – und müsste. Denn die Umwandlung von Mietshäusern in Eigentumswohnungen nimmt zu. In Berlin hat Akelius jetzt begonnen, für zahlreiche Häuser Abgeschlossenheitsbescheinigungen zu beantragen – der erste Schritt bei der Umwandlung in Eigentumswohnungen.
Auch für die mehr als 300 Wohnungen in der Anton-Saefkow-Siedlung, deren Mieter*innen seit bald zwei Jahren unter einer Großbaustelle leiden, hat Akelius nun Abgeschlossenheitsbescheinigungen eingeholt. Die Anton-Saefkow-Siedlung und der unwürdige Umgang von Akelius mit den Mieter*innen ist im UN-Bericht beschrieben als Nachweis dafür, dass Akelius mit seinem Geschäftsmodell und mit seiner Geschäftspraxis die Menschenrechte missachtet. 

Akelius und Steuern

Zum Problemfeld der Steuervermeidung schweigt sich die Bundesregierung ebenfalls aus.  Akelius und Co. nutzen alle Tricks, um Steuern zu sparen. Mit Share Deals wird die Grunderwebsteuer komplett vermieden und die Kommunen, die mit dem Geld nicht zuletzt Ausgaben für Soziales und Infrastruktur bestreiten, gehen leer aus.Die Firmenstruktur von Akelius ist darauf angelegt, Steuerzahlungen zu vermeiden. Und während auf Bundesebene der Entwurf zur Neuregelung von Share Deals weiter verzögert wird, hat Akelius sich auf die geplanten minimalen Änderungen längst eingerichtet. Die eingesparte Grunderwerbsteuer fließt durch das Akelius-Firmengeflecht über Zypern auf die Bahamas. Beide Länder sind klassische Steuer- und Geheimnisoasen.

Fazit

Die damalige UN-Sonderberichterstatterin für das  Recht auf Wohnen, Leilani Farha, hat in ihrem Schreiben Nachweise vorgelegt, dass Akelius in Deutschland und international die Menschenrechte missachtet. Darauf geht die Bundesregierung in ihrem Antwortschreiben mit keinem Wort ein. Und zwar buchstäblich: Das Wort „Menschenrechte“ kommt im Antwortschreiben überhaupt nicht vor. Ein fatales Zeichen im Kampf für die Achtung der Menschenrechte weltweit. Stattdessen liefert die Regierung lediglich zwei Seiten mit Allgemeinplätzen und Zitaten aus dem BGB.Das lässt leider nur einen Schluss zu:  Die deutsche Regierung hat kein Problem damit, dass Akelius die Menschenrechte missachtet. Wir Mieter*innen haben damit aber sehr wohl ein Problem. Akelius muss auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet werden. Dafür müssen bestehende Eingriffsmöglichkeiten angewandt und weitergehende Regulierungen endlich umgesetzt werden, zum Beispiel für Share Deals und Umwandlungen. 

Missachtung der Menschenrechte durch Akelius stoppen – Menschenrecht auf Wohnen durchsetzen!

Forderungen

Für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum und für einen starken Mieter*innenschutz in Hamburg, Berlin und überall!

  1. Ausnahmsloses und konsequentes Umwandlungsverbot von Mietshäusern in Eigentumswohnungen
  1. Eigenbedarfskündigungen verbieten
  1. Keine Mietpreissprünge durch Luxusmodernisierung
  1. Mietendeckel für Hamburg und bundesweit
  1. Instandhaltung der Akelius-Häuser muss konsequent durchgeführt und durchgesetzt werden
  1. Spekulativen Leerstand durch konsequente Anwendung des Wohnraumschutzgesetzes (Hamburg) und Zweckentfremdungsverbots (Berlin) beenden
  1. Keine Verkäufe an Akelius
  1. Konsequente Anwendung des preislimitierten Vorkaufsrechts wenn Akelius kaufen will
  1. Rekommunalisierung von Häusern durch preislimitiertes Vorkaufsrecht
  1. Rekommunalisierung von großen Beständen durch Vergesellschaftung 
  1. Keine Share Deals im Immobilienhandel
  1. Starker Mieter*innenschutz

Es gibt ein Menschenrecht auf Wohnen, und diese Daseinsvorsorge gehört in gesellschaftliche Hand, nicht in Privathand!

Stellungnahme zum Hydraulischen Abgleich von Heizungsanlagen durch die Firma myWarm

Berliner Vernetzung der Akelius-Mieter*innen, 11. Vollversammlung, 3. November 2019

Heizungsoptimierung ist Instandsetzung!

Vor einigen Wochen hat Akelius mehreren Häusern eine Modernisierung des Heizungssystems angekündigt. Dabei geht es um einen hydraulischen Abgleich der Heizungsanlage, durchgeführt von der Firma MyWarm. Vorab stellen wir fest: Wir halten diese Maßnahme nicht für eine Modernisierung, sondern für eine Instandhaltung. Eine Mieterhöhung aufgrund dieser Maßnahme ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt.

Ein hydraulischer Abgleich wird gemacht, wenn die Heizungsanlage ein Gebäude nicht gleichmäßig erwärmt. Das kann passieren, wenn die Heizkörper, die nah an der Anlage sind, Räume zu stark aufheizen, während Heizkörper, die weit weg sind, nicht genug Wärme abgeben. Dadurch fehlt es in manchen Wohnungen an Wärme, während in anderen Wohnungen die Heizkörper nicht so gut reguliert werden können. Das ist schlecht für die Bewohner*innen und für die Heizungsanlage, die in so einem Fall nicht effizient arbeitet. Wir stellen deshalb fest, dass ein hydraulischer Abgleich eigentlich auf einen Mangel der Heizungsanlage reagiert. Als Behebung eines Mangels ist der hydraulische Abgleich deshalb eine Instandsetzung.

Bei einem hydraulischen Abgleich der Firma MyWarm wird an jedem Heizkörper die Heizleistung gemessen. Mithilfe einer Software wird die Durchflussmenge an jedem einzelnen Heizkörper in mehreren Schritten gedrosselt. Für die Messung müssen alle Wohnungen, die von einem Heizstrang versorgt werden, bis zu drei Tage lang für die Mechaniker zugänglich sein. Abschließend wird die Drosselung dauerhaft fixiert. Nach dem hydraulischen Abgleich werden die Heizkörper wie vorher auch mit dem Thermostat bedient.

Ob ein hydraulischer Abgleich zu einem effizienteren Betrieb der Heizungsanlage und damit zur Einsparung von Energie und Kosten beiträgt, muss für jeden Einzelfall genau geprüft werden. Sinnvoll ist eine Maßnahme nur dann, wenn die Einsparung signifikant ist.

Dass Akelius den hydraulischen Abgleich allen Mieter*innen, die mit der Maßnahme konfrontiert sind, als Modernisierung unterschieben möchte, lehnen wir ab. Ein hydraulischer Abgleich ist eine Instandsetzung einer mangelhaften Anlage und keine Modernisierung. Die Kosten dürfen deshalb nicht auf die Mieter*innen umgelegt werden!

Der Fall macht aus unserer Sicht deutlich, dass es Akelius nicht um eine klimagerechte Instandsetzung der Häuser geht, sondern vor allem um eine Erhöhung der Miete. Akelius hat in den letzten Jahren allein in Berlin jeden Monat 3,3 Millionen Euro in bestehende Wohnungen investiert, einen Großteil davon für Luxusmodernisierung. Wer wirklich einen Sinn für Umwelt und Klima hat, verzichtet auf umwelt- und klimafeindliche Luxusmodernisierung.

Wir, die Vernetzung der Akelius-Mieter*innen, fordern von Akelius:

  1. Schluss mit den Versuchen, Instandhaltung als Modernisierung durchzusetzen!
  2. Richtige Instandhaltung statt klimaschädliche Luxusmodernisierung!
  3. Klima- und bedarfsgerechte Modernisierung nur unter Einbeziehung aller betroffenen Mieterinnen und Mieter!

Der Fall macht deutlich, dass die Modernisierungsumlage derzeit ein Mittel für Vermieter*innen ist, um die Miete dauerhaft zu erhöhen. Das betrifft nicht nur Akelius-Mieter*innen. Als Mittel zur Mieterhöhung verfehlt die Modernisierungsumlage aber ihren Zweck, weil Vermieter*innen nicht nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten modernisieren. Stattdessen wird modernisiert, um die Miete zu erhöhen und den Profit zu steigern. Oft genug auf Kosten der Umwelt, immer auf Kosten der Mieter*innen.

Wir fordern von der Politik:

  1. Schluss mit modernisierungsbedingten dauerhaften Mieterhöhungen!
  2. Schluss mit Luxusmodernisierungen!
  3. Neuregelung der Modernisierungsumlage: Modernisierungen müssen klimagerecht, bedarfsgerecht und sozial gerecht werden!

Weitere Informationen (Links)

Zum Schluß des kurzen Artikels wird das Thema der Umlagefähigkeit kurz gestreift: https://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm1106/110619.htm

Ebenfalls am Schluß dieses (ernüchternden) Testberichts wird die Umlagefähigkeit verneint: https://greenratings.de/Produktbewertung/mywarm-hydraulischen-abgleich-in-bestandsgebaeuden/

Internet-Foren zum Mietrecht:

Die Immobilienlobby hat versucht, die Umlagefähigkeit solcher Arbeiten ins Mietrechtsanpassungsgesetz vom Dezember letzten Jahres hineinzuargumentieren, siehe Punkt 3c auf den Seiten 6/7:

https://www.deneff.org/fileadmin/user_upload/20180802_DENEFF_GIH_VfW_Stellungnahme_MietAnpG.pdf