Solidarität mit den bedrohten Projekten!

Soli-Erklärung der Vernetzung der Akelius-Mieter*innen Berlin

Diesen Sommer sind gleich mehrere langjährige soziale und linke Projekte bedroht. Wir Akelius-Mieter*innen erklären uns solidarisch mit den bedrohten Projekten und fordern ihren Erhalt.

Syndikat

Das Kneipenkollektiv ist eine Institution im Schillerkiez. Seit Jahrzehnten ist es Anlaufstelle für die Nachbarschaft. Ein kurzer Schnack, ein kühles Bier, eine schnelle Hilfe oder einfach mal ein offenes Ohr. Nachbarschaftliche Infrastruktur nennt sich das. Kein Geld der Welt kann das ersetzen. Doch genau wegen Geld und noch mehr Geld will Pears Global das Syndikat am 7. August räumen lassen. Die Milliardärsfamilie hat das Haus gekauft und glaubt nun in feudaler Manier über Existenzen bestimmen zu können.

Wir fordern den Erhalt des Syndikats. Wir fordern, dass das Syndikat in seinen Räumen bleiben kann und der Räumungstitel zurück genommen wird.

Liebig 34

Das Haus in der Liebigstraße 34 im Friedrichshain ist seit Jahren ein Rückzugsort für das selbstbestimmtes Leben von Frauen und queeren Menschen. Es ist da, es funktioniert und es füllt eine klaffende Lücke in der Gesellschaft. Doch weil der Eigentümer Padovicz mit dem Haus spekulieren will, hat er einen Räumungstitel gegen das Projekt erwirkt. Es gibt aber keinen Ausweichort für die Bewohner*innen. Dafür gibt es enormen Bedarf an noch mehr queerfeministischen Freiräumen. Denn dass unsere Gesellschaft ein Problem mit Antifeminismus und der Diskriminierung von queeren Menschen hat, ist spätestens seit den Drohmails an Politiker*innen und Prominente auch für jederMann offensichtlich.

Wir fordern den Erhalt der Liebig 34. Wir fordern, dass der Bezirk das Haus übernimmt und den Bewohner*innen ein Bleiberecht garantiert.

Potse und Drugstore

Zwei selbstverwaltete Jugendzentren in Schöneberg stehen vor dem Aus, weil Profitstreben höher bewertet wird als Jugendschutz. Der Drugstore hat seine Räume schon verloren, über die Potse wurde kürzlich das Räumungsurteil gefällt. Doch nur wenn die Jugend sich selbstbestimmt und frei entfalten kann, wird sie ihre eigenen Wege gehen können. Und ihr diese Freiheit zu gewähren, sehen wir als eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft. Wir wollen keine Nachahmer und Mitläufer, sondern Menschen, die für sich und andere Verantwortung übernehmen können und wollen. Und um das zu erreichen, brauchen die jungen Menschen Räume zum Ausprobieren. Das ist wichtig – und nicht der Profit!

Wir fordern den Erhalt der Jugendzentren Potse und Drugstore. Wir fordern, dass sie umgehend Räume zur freien und selbstbestimmten Nutzung bekommen.

Meuterei

Auch ein Kneipenkollektiv, auch eine Institution, auch nachbarschaftliche Infrastruktur, auch akut von Verdrängung bedroht. Wie das Syndikat hat die Meuterei einen großen Zulauf und ist aus dem Reichenberger-Kiez nicht wegzudenken. Doch das Haus wurde vor Jahren von der Firma Ziegert modernisiert und in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft. Darüber, wie diese Firma gegen das Geldwäschegesetz verstoßen hat, berichtet kürzlich die Berliner Zeitung. Diese Firma Ziegert hatte die Wohnungen des Hauses unter „xberg-pur“ angeboten und damit das vermarktet, was sie im selben Atemzug zerstört hat.

Wir fordern den Erhalt der Meuterei. Wir fordern, dass die Kündigung der Meuterei zurückgenommen wird und das Kneipenkollektiv in seinen Räumen bleiben darf.

Personalwechsel bei Akelius

Ein CEO geht, ein anderer kommt – ändern wird sich nichts.

Wenn man versteht, wer bei Akelius Manager ist, versteht man auch, was Akelius ist: Kein Vermieter im herkömmlichen Sinne, sondern ein Finanzinvestor, der auf schnelles Geld um jeden Preis aus ist.

Der Gründer des Immobilienkonzerns Akelius ist Roger Akelius – inzwischen betagt, aber ursprünglich ein virulenter Steuersparexperte. Er hat dem Konzerngeflecht und einer der übergeordneten privaten Stiftungen auf den Bahamas seinen Namen gegeben: einmal die Akelius Residential Property AB u.a., und einmal die Grandfather Roger Foundation. Er hat auch die Geschäftsstrategie festgelegt, die Spekulation mit dem Grundbedürfnis Wohnen: Wohnhäuser günstig einkaufen – aufhübschen – umwandeln – weiterverkaufen; Mieten maximal in die Höhe treiben – inklusive vollständigem Mieter*innen-Austausch, zur Not erzwungen; Steuern sowohl vermeiden als auch sparen, wo es nur geht. In einer zweiten dem Konzern übergeordneten privaten Stiftung, der Akelius Foundation, sitzt ein Sohn von Roger Akelius im Stiftungsrat, einen Aufsichtsrat gibt es nicht.

In Berlin ist Akelius seit 2006 aktiv. Zwei der ersten Personalien hatten direkte Verbindung in die Politik: Jens Nagel, Sohn des ehemaligen Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) und Matthias Klipp (Bündnis90/DieGrünen), ehemaliger Baustadtrat vom Prenzlauer Berg.

Berlin zum wichtigsten Akelius-Standort hat Pål Ahlsén gemacht, zuerst lokal in Berlin als Nachfolger von Jens Nagel, dann zentral als CEO. Früher war Ahlsén ein DJ, seit 2004 ist er im Akelius Konzern tätig und war von Juli 2007 bis April 2010 Geschäftsführer der Akelius Deutschland GmbH, bis er als Konzernchef und Geschäftsführer der Muttergesellschaft Akelius Fastigheter (später Akelius Residential Property AB) nach Schweden wechselte. In seine Amtszeit fällt der Rückzug des Konzerns aus Schweden durch umfangreiche Verkäufe von ehemaligen Mietshäusern als umgewandelte Eigentumswohnungen und die massive Expansion nach Kanada und in die USA. Insgesamt hat sich der Konzern unter seiner Führung immer mehr auf Metropolen konzentriert und Bestände in kleineren Städten und an Stadträndern abgestoßen. Den Verkauf des Akelius-Bestands in Frankfurt und Düsseldorf mit 20-30 Prozent über der Bewertung bejubelte Ahlsén als großen Erfolg. Kurz vor Ahlséns überraschenden Rücktritt verkündete der Konzern weltweite Mieteinnahmeerhöhungen im ersten Quartal 2020 um 6,7% auf 118 Mio. Euro. Ebenfalls kurz vor dem Rücktritt Ahlséns beschuldigte die UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Wohnen, Leilani Farah, Akelius der Verletzungen der Menschenrechte.

Nun folgt Ralf Spann als CEO von Akelius Ahlsén nach. Spann wollte Fussball-Profi werden, doch das wurde nichts, also stieg er vor fast 14 Jahren bei Akelius ein, arbeitet sich hoch, wurde Europa-Chef und übernimmt nun die Konzernleitung. Auffällig an Spann ist, dass er immer wieder wie in einem Mantra aus gleichlautenden Sätzen Akelius verteidigt: niemand müsse ausziehen, alle Bestandsmieter seien willkommen, alle könnten so lange bleiben wie sie wollen, niemand würde rausmodernisiert, Akelius-Mieter könnten ruhig schlafen, Akelius investiere langfristig (10-15 Jahre), für preiswerten Wohnraum sei nicht Akelius sondern der Staat verantwortlich. Doch in Wirklichkeit sieht das Geschäftsmodell von Akelius anders aus. Allein am Beispiel von Neukölln lässt sich aufzeigen, wie verheerend es sich auswirkt: zahlreiche aggressive Kündigungen und Zwangsräumungen, Baustellenlärm und -dreck, massiver Leerstand, Share Deals, Mieten-Explosion, Schattenmieten, befristet Verträge und beginnende Umwandlung in Eigentumswohnungen sind alltägliche und weitverbreitete Erfahrungen der Mieter*innen. In den anderen Bezirken sieht es nicht besser aus.

Akelius hat angekündigt, seinen Bestand in Berlin von knapp 30 auf 15 Prozent des weltweiten Bestandes zu reduzieren. Als Geschäft mit großem Profitpotential wird die Umwandlung in Eigentumswohnungen mit anschließendem Verkauf gesehen. Dazu passt, dass Akelius für bereits rund ein Drittel der Häuser in Neukölln Abgeschlossenheitsbescheinigungen vorliegen hat.

Wenn nicht schnellstmöglich der Umwandlung ein Riegel vorgeschoben wird, wird Akelius der Stadt und den in ihr lebenden Menschen noch mehr schaden, als schon bereits geschehen.

https://www.berliner-zeitung.de/der-sohn-des-ex-bausenators-nagel-will-fuer-schwedische-investoren-5-000-wohnungen-kaufen-mozart-fuer-die-mieter-li.45123

https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2018/me-single/article/besser-leben-ohne-akelius/

https://www.fastighetsvarlden.se/notiser/pal-ahlsen-lamnar-akelius/

https://www.immobilien-zeitung.de/65766/ahlsen-neuer-geschaeftsfuehrer-von-akelius

https://www.immobilien-zeitung.de/96901/geschaeftsfuehrer-von-akelius-deutschland-pal-ahlsen-hat-zum-15

https://mb.cision.com/Main/3302/3102770/1240807.pdf

https://mb.cision.com/Main/3302/3114412/1249363.pdf

https://mb.cision.com/Main/3302/3116113/1250639.pdf

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1137019.mieterschreck.html

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1117929.akelius-wir-sind-nicht-asozial.html

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135769.mietenwahnsinn-eigentuemer-tricksen-sich-durch-mietendeckel.html

https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=25845&LangID=E

https://www.prenzlauerberg-nachrichten.de/2020/01/24/wenn-handwerker-durch-die-decke-brechen/

https://taz.de/Mietendeckel-in-Berlin/!5628554/

https://taz.de/Neue-Vermieterstrategien-in-Berlin/!5638744/

https://umap.openstreetmap.de/de/map/akelius-in-berlin_2072#14/52.4741/13.4561

"Return to Sender"

Redebeitrag der Vernetzung der Akelius-Mieter*innen bei der Kundgebung „Return to Sender“ am
10.03.20 auf dem Ku’damm

Wir Mieter*innen von Akelius können nicht oft genug auf die Probleme hinweisen, die durch das Spekulieren mit Wohnraum für uns Mieter*innen in dieser Stadt und überall entstehen. Das fängt an bei absurd hohen Mieten. Bei Akelius sind das in Berlin durchschnittlich rund 20 €/qm kalt und im Einzelfall sogar 40 €/qm.

Und es geht weiter mit Schikanen, Kündigungen, Umwandlungen in Eigentumswohnungen und ständigen Weiterverkäufen unserer Häuser. Der neuste Clou von Akelius ist: Vermietungsstreik. Seit der Mietendeckel in Kraft ist, hat Akelius alle Wohnungsangebote zurückgezogen, die unter diese neue Regelung fallen würden. Sie weigern sich Verträge mit regulierten Mieten abzuschließen und hoffen, dass der Mietendeckel kippt. Dadurch wird spekulativer Leerstand zu einem weiteren Problem für jede*n Wohnungssuchende*n.

Aber Akelius sitzt nicht hier am Ku’damm, sondern am Erkelenzdamm in Kreuzberg. Hier sitzen Makler wie Engel & Völkers und Zwischenhänder wie die Mähren AG. Beides gleichfalls Verursacher und Profiteure der Gentrifizierung. Jakob Mähren ein Jungspund, der durch schnelle Käufe und Verkäufe von Immobilien in kürzester Zeit ein Millionenvermögen angehäuft hat. Und Engel & Völkers, deren CEO Rackham Schröder auf Elite steht und nach unten pöbelt. Beide profitieren davon, dass Konzerne wie Akelius alles kaufen, was nach Haus und guter Rendite aussieht. Wir wissen von vielen Häusern in Neukölln und Kreuzberg, die von Mähren gekauft und mit einem spekulativen Aufpreis an Akelius weiterverkauft wurden. Ebenso treibt Engel & Völkers die Preise maximal nach oben. Das nimmt so absurde Ausmaße an, dass ein großes Mietshaus pro Jahr eine Million teurer werden kann, ohne dass auch nur das geringste an ihm gemacht wurde.

Akelius, Engel & Völkers und Mähren vereint, dass sie eine Idee des Liberalismus vor sich hertragen, die ungebremste Freiheit für Reiche und wachsende Unfreiheit für Arme bedeutet. Denn wie sonst lässt sich ihr Wirken in unserer Gesellschaft erklären, das zu immer mehr Ungerechtigkeit und Ungleichheit führt? Sie verunmöglichen einkommensbenachteiligten Menschen das Wohnen in dieser Stadt, während Wohnungen zu Höchstmieten reihenweise als Luxusartikel leer stehen. Sie, diese Akelius‘, Engel & Völkers‘ und Mährens verantworten das Unglück und die Perspektivlosigkeit vieler Menschen und die vergoldeten Klobrillen weniger. Und das machen sie nicht etwa, indem sie irgendetwas Tolles schaffen, was sich auszahlt. Sondern indem sie uns unsere Existenzgrundlagen wegnehmen und mit unseren Grundbedürfnissen spekulieren.

Wir haben unsere Häuser mit unseren Mieten längst abbezahlt, inzwischen sogar mehrfach. Wir arbeiten in den Krankenhäusern, Schulen, Kitas, Läden, Universitäten, Werkstätten und Fabriken dieser Stadt, bei der BVG, BSR und Verwaltung. Doch die Mieten für unsere Wohnungen können wir uns nicht mehr leisten, wegen Akelius, Engel & Völkers, Mähren & Co. Wir halten diese Stadt am Laufen, während sie mit unserer Miete ein leistungsloses Einkommen beziehen, mit dem sie ungebremst auf noch mehr Profite zocken. Profit ist aber immer Diebstahl!

Der Mietendeckel ist ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung! Der nächste muss die Enteignung und Vergesellschaftung der an Rendite orientierten Wohnungskonzerne sein! Grund und Boden muss wieder Gemeingut werden! Spekulation mit Wohnraum muss ein für alle Mal abgeschafft werden!

Heute bringen wir die Kündigungen, Abmahnungen, Mieterhöhungen, Drohbriefe, Modernisierungsankündigungen und den ganzen anderen Kram mit unserem: >Nein Danke!< den Spekulanten zurück und fordern: recycelt das Papier zu Schulheften und macht eure Büros zu Wohnraum!